Die Schneekatastrophe 1978/79


Daten, Fakten,Bilder


Aus einem Bericht des Amtes Oldenburg-Land:


Ausgelöst durch ungewöhnliche Witterungsverhältnisse zum Jahreswechsel 1978 / 79, verbunden mit einer Sturmflut mit Wasserständen bis zu 1,60 m über NN,

ist es zu einer akuten Überflutungsgefahr für den Bereich des Zelt- und Mobilheimplatzes in Sütel gekommen. Der dem Zelt- und Mobil- heimplatz vorgelagerte Damm

drohte zu brechen. Von einer Überflutung waren unmittelbar betroffen:

15 ha wirtschaftliche Nutzfläche,
15 ha Zelt- und Mobilheimfläche,
53 Mobilheime,

1 Wohnwagen und 2 Sanitärgebäude. Das Amt Oldenburg-Land ist pflichtgemäß tätig geworden und hat


1. am 29.2.1978 die Evakuierung der im gefährdeten Bereich weilenden Menschen vorgenommen.
2. am 30.12.1978 Bundeswehr und Freiwillige Feuerwehr eingesetzt und einen Bruch des Deiches verhindert,
3. am 31.12.1978 Bundeswehr und Feuerwehr eingesetzt und einen erneuten Dammbruch verhindert,
4. zur Vermeidung eines totalen Dammbruches und einer hiermit verbundenen Überflutung entschieden,

daß eine Reparatur mit schwerem Gerät vorgenommen wird.

Aus einer Niederschrift
über die Strandbegehung
des Deich- und Entwässerungsverbandes



Klostersee-Niederung Cismar:

Nordöstlich der Klosterseeschleuse bis zur Steinschüttung in Kellenhusen ist die Vordüne, die sich hier seit dem letzten

schweren Hochwasser am 6.1.1954 gebildet hatte, zur Hälfte weggespült. Die Steinschüttung vor der Fichtenschonung muß

um 50 m in südöstlicher Richtung fortgeführt werden.

Der Strandwall am Zeltplatz Behrens ist zu 50 %weggespült. Das gleiche trifft für den Abschnitt zwischen Zeltplatz und Promenade zu.

50 m von diesem Abschnitt müssen mit Steinen gesichert werden. Der Katastrophenabwehrstab kann sich, nachdem die Hochwasserkatastrophe

abgewendet ist, jetzt ausschließlich auf die Beseitigung der mit dem Schnee verbundenen Schwierigkeiten konzentrieren.

Versorgung und Wiederherstellung des Verkehrs sind die Hauptaufgaben.

Besondere Probleme entstehen auf Fehrnarn mit der Stromversorgung. Der zunächst als Regen gefallene Niederschlag ist an den

Leitungsdrähten zu Eis gefroren und belastet die Stahldrähte mit ungeheurem Gewicht. Der Sturm tut ein übriges.

Immer wieder reißen die Leitungen, ganze Orte sind ohne Strom.

Häuser und Ställe sind ohne Licht und Wärme bei Temperaturen unter 15° C minus im Freien. Mit Hubschraubern und Kettenfahrzeugen werden die Monteure

des Stromversorgungsunternehmens Schleswag AG an die Schadstellen herangebracht, um im eisigen Strum die immer wieder brechenden Kabel zu erneuern.

Die Deutsche Bundesbahn ist ebenso wie die übrigen öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr in der Lage, den Betrieb aufrechtzuerhalten.

Die Züge verkehren, soweit die Strecken überhaupt freigehalten werden könen, unregelmäßig. Auf den Strecken nach Puttgarden und Eutin-Lübeck

verkehren tagelang keine Züge. Die Bundeswehr hat beim Ausrufen des Katastrophenalarms ganz eigene Probleme. Viele Soldaten sind zur Jahreswende

bereits in den wohlverdienten Urlaub gefahren. Trotzdem gelingt es schnell, einen Führungsstab rund um die Uhr zu besetzen und das angeforderte Material einzusetzen.

Ein Verbindungsoffizier nimmt seinen Platz im Katastrophenabwehrstab

des Kreises Ostholstein ein und garantiert dem Führungsstab der Bundeswehr einen stets umfassenden Überblick über die jeweilige Lage.

Der Kreisfeuerwehrverband setzt 1350 Feuerwehrmänner ein, um bei Bergungsarbeiten in der Nähe von Groß-Schlamin, Lenste und Dahme zu helfen.

Die schwierigste Arbeit ist aber die Aufgabe, die an der Küste mit dem Füllen der Sandsäcke zur Abwehr des Hochwassers übernommen wird.


Aus dem Bericht des Kreisfeuerwehrverbandes über seine Einsätze:

Kurz vor Erreichen der E 4 bekamen wir über Funk die Anweisung, zum Amt Fehmarn zurückzukehren,

da die zwei Lkw's der Bundeswehr in der Zwischenzeit dort eingetroffen waren.

Die Soldaten meldeten, daß sie keine Menschen in verschneiten Autos auf der E 4 in Höhe Burg auf Fehmarn auffinden konnten.

Uns kamen Bedenken, und wir fragten über Funk beim K-Stab Amt Fehmarn um Erlaubnis, noch einmal einen Teil der Strecke

der E 4 Burg auf Fehmarn in Richtung Puttgarden absuchen zu dürfen.

Nach kurzer Beratung wurde uns dieses erlaubt. Die Bedenken unsererseits bestätigten sich. Nach ca. einer Stunde und einem Fußmarsch von 400-500 m

konnten wir sieben Personen im Schneesturm (davon zwei kleine Kinder, eine Frau und einen Verletzten, der zeitweise bewußtlos war) aus ihren Autos

aus den rneterhohen Schneeverwehungen retten. Diese Personen befanden sich bereits seit 1 1/2 Tagen in ihren Autos.

Es handelte sich bei allen sieben Personen um Ausländer.

Da der Verletzte (Erfrierungen und Schock) zeitweise bewußtlos war, somit akute Lebensgefahr bestand, überführten wir ihn sofort zu einem Arzt,

der sich beim Amt Fehmarn befand.

Er ordnete eine Überführung in das Inselkrankenhaus an. Die Hilfsdienste Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariterbund, Johanniter-Unfallhilfe

und Malteser-Hilfsdienst übernahmen schwerpunktmäßig Einsätze im ganzen Kreisgebiet.


Aus dem Bericht des Deutschen Roten Kreuzes:


Aufgrund der total blockierten Straßen und der bereits am 31.12.1978 im Norden des Kreises auftretenden Versorgungsschwierigkeiten,

übertrug der K-Abwehrleiter um 13.00 Uhr dem DRK-Kreisverband die Aktivierung der örtlichen Hilfe. Die 41 Ortsvereine des DRK wurden gebeten, möglichst rasch die

Nachbarschaftshilfe zu verstärken. Das ist durch die Ortsvereine -selbst unter schwierigsten Bedingungen - mit großem Erfolg durchgeführt worden.

Diese Betreuung, z.T. im Zusammenwirken mit der Gemeindeverwaltung, umfaßte vorwiegend die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Medikamenten.

Aufgrund der Flutgefahr in Dahme haben die DRK-Helfer des zweiten Verbandsplatzzuges in einem harten Einsatz der Feuerwehr bei eisigem Oststurm geholfen,

etwa 5000 Sandsäcke zu füllen und an bedrohte Deichstellen zu bringen.

Aus dem Bericht des Arbeiter-Samariterbundes:


Es wurde Einsatzbefehl gegeben, die auf der E 4 zwischen Großenbrode und Heiligenhafen bis Gremersdorf im Schnee Festliegenden mit heißen Getränken zu versorgen

und sonstige Unterstützung zu gewähren. Es waren Leute zu bergen und Verletzte in die Krankenhäuser zu bringen. Vom Versorgungszug wurden 200 L Tee und 50 L Brühe bereitet

und sofort in Thermobehältern an die Einsatzstelle gebracht. Acht Sanitätshelfer waren mit dem Ausgeben beschäftigt. Weitere 15 Sanitätshelfer brachten zur gleichen Zeit 32 Männer

und Frauen sowie Kinder in Großraumwagen nach Heiligenhafen in Hotels unter. In weiterem Einsatz von ca. sieben Stunden war noch ein Reisebus geborgen worden,

derschon fast 10 Stunden im Schneesturm festgelegen hatte. Die 31 Insassen des Busses wurden zur Verpflegung in ein Rasthaus gebracht und dann zur weiteren Versorgung in den

Ferienpark gefahren. Der Einsatz war um 5.00 Uhr beendet. Von den 20 Helfern wurde bei diesem Einsatz folgendes erbracht:


Vom Schnee befreit = 46 Pkw, 3 Reisebusse, einige andere Fahrzeuge, bei der Hilfe am Menschen mußten neben der Versorgung mit heißen Getränken

drei Verletzte, neun Unterkühlte und 34 weitere Personen versorgt und in warme Unterkünfte gebracht werden.


Aus dem Bericht des Malteser-Hilfsdienstes:


Von der Feldküche wurden ca. 500 Essenportionen und ca. 300 L Tee mit Rum an eingeschneite Insassen, an die Feuerwehr Niendorf / Timmendorfer Strand,

an die Autobahnpolizei und an die Räumkolonnen verteilt.

Während der Einsatzperiode wurden von der gesamten Helferschaft 5196 ehrenamtliche Dienststunden erbracht. Rund 40 eingeschneite Fahrzeuge konnten

freigeschaufelt und geborgen werden. Außerdem konnten 38 Personen aus Pkw's befreit werden und in Quartiere rund um Timmendorfer Strand untergebracht werden.

Wichtigstes lnformationsmittel ist in diesen Tagen das Radio. Der Rundfunk berichtet über alle Veränderungen der Verkehrslage.

Eine enge Verbindung zwischen den Katastrophenabwehrstäben und dem NDR ist dringend erforderlich, um getroffene Maßnahmen durchzuführen und unnötige Irrfahrten zu vermeiden.

Das allgemeine Fahrverbot spricht sich auf diese Art und

Weise schnell unter den Verkehrsteilnehmern herum. Aber auch die Lockerung des Fahrverbots für Teilbereiche wird so sehr schnell bekannt.

Zusätzliche Informationen sind notwendig.


Verkehrsfunk:


Textdurchsage an die Verkehrsüberwachungsbereitschaft Neumünster 2.1.1979, 12.30 Uhr.


Der Katastrophenabwehrleiter des Kreises Ostholstein bittet ab 13.30 Uhr und dann wiederholt sowohl in deutscher als auch in dänischer Sprache,

folgende Rundfunkdurchsage zu veranlassen:


"Das allgemeine Fahrverbot im Kreis Ostholstein wird mit Ausnahme für die lnsel Fehmarn heute ab 15.00 Uhr aufgehoben.

Der Kreis Ostholstein weist nachdrücklich darauf hin, daß der Transitverkehr zwischen Deutschland (Puttgarden) und Dänemark bis auf weiteres nicht stattfindet.

Es besteht die Möglichkeit, die Fähre in Travemünde nach Gedser und Trelleborg auch ohne Voranmeldung in Anspruch zu nehmen.

Der Transitverkehr nach Puttgarden wird spätestens in Großenbrode angehalten und nach Süden zurückgeleitet."


Fernschreiber an NDR Hamburg 2.1.1979. 12.50 Uhr,


Betr.: Verkehrsdurchsage


Die Bundesstraße 501 zwischen Lenste und Cismar ist weiterhin nicht befahrbar. Zur Räumung wird jetzt schweres Gerät eingesetzt. Die Autofahrer werden dringend gebeten,

dieses Gebiet zu meiden. da die Räumarbeiten schon jetzt durch Kraftfahrzeuge erheblich behindert werden.


Textdurchsage an NDR Hamburg 2.1.1979, 14.27 Uhr


Die Katastrophenabwehrabschnittsleitung Fehmarn weist dringend darauf hin, daß das Fahrverbot für die lnsel Fehmarn nicht aufgehoben ist.

Die Kraftfahrer werden eingehend gebeten, ihre Fahrzeuge nicht zu benutzen. Weiterhin wird die Arbeit der Katastrophenabwehrabschnittsleitung durch

ständige Anrufe erheblich erschwert.

Die Bevölkerung wird gebeten, die Arntsverwaltung Fehrnarn nur im Falle eines dringenden Notfalles anzusprechen.